Wahlprogramm der Jusos

Das 5×5 der Jusos Bergstraße
Jugendwahlprogramm zur Kreistagswahl 2021
Wohnraum für alle
1. Transparenz: Mietspiegel für den Kreis
Nicht nur in vielen Großstädten lässt sich eine massive Mietsteigerung über die letzten Jahre beobachten, sondern auch im Kreis Bergstraße. Wir fordern daher die Ermittlung eines qualifizierten Mietspiegels für den Kreis. Daran orientierend sollen die Kosten der Unterkunft entsprechend der realen Preissituation auf dem Wohnungsmarkt angepasst werden. Hierfür muss der Kreis darauf hinwirken, dass das Land Hessen die Mietpreisbremse auch auf die Bergstraße ausweitet.
2. Aktiv sein: Schaffung einer Kreis Wohnraumagentur
Eine kreisweit agierende Wohnraumagentur bietet den Kreiskommunen Beratung an, fördert innovative Wohnkonzepte und tritt als Vermieter im Kreis auf. Leerstände können so identifiziert und Innenstadtverdichtung vorangetrieben werden, um möglichst keine neue Flächen zu verbauen.
3. Junges Wohnen: Studierenden- und Auszubildendenwohnheime
Der Kreis Bergstraße ist ein attraktiver Wohnraum für junge Menschen. Mit kreisweiten Wohnheimen werden Wohnräume auch für kleine Einkommen von Auszubildenden, FSJler, Bufdis oder Studierenden angeboten.
Ein Wohnheim bietet zudem den jungen Leuten Raum zur Entwicklung und Unabhängigkeit.
4. Zusammenbringen: Generationenhäuser
In Mehrfamilienhäusern kommen verschiedene Generationen zusammen. Die Wohnungen sind barrierefrei, auch für WGs für Jung und Alt geeignet. Die Mietparteien unterstützen sich gegenseitig, um profitieren dadurch voneinander und bezahlbaren Wohnraum. Gemeinschaftsräume oder ein Gemeinschaftsgarten lädt zum Zusammenleben ein.
5. Innovativ: Förderungen und Initiativprogramme
Der Kreis tritt als Förderer auf und bietet Anreize, Städte grüner und bezahlbarer zu machen.
Tempo bei der Mobilitätswende
1. Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und engere Taktung auch in den Abendstunden
Ein kostengünstiger und attraktiver öffentlicher Verkehr ist das Rückgrat eines umweltverträglichen und sozial gerechten Verkehrssystems. Damit mehr Menschen vom Auto auf die Bahn oder den Bus umsteigen, muss das Angebot so eng wie möglich getaktet und auch in den Abendstunden verfügbar sein.
2. Flexiblere und modernere ÖPNV-Sonderformen
Um Linien halten oder bei Bedarf auch in den Abendstunden anbieten zu können, soll der Kreis Bergstraße den „Bus-auf-Knopfdruck“ ausweiten. Der Bedarfsbus sollte als Haustür-zu-Haustür-Angebot konzipiert werden, ggf. per App bestellbar sein und so auch Orte erschließen, die ein niedrigeres Fahrgastpotential bieten.
3. Kostenfreie Schulbeförderung für alle Schüler*innen bis zum Schulabschluss
Wir wollen eine umfassende und nachhaltige Verkehrswende. Perspektivisch streben wir einen vollständig kostenlosen ÖPNV an, sind hierbei aber auf die Unterstützung von Landes- und Bundesebene angewiesen. Deswegen sollte sich der Kreis Bergstraße in einem ersten Schritt als Modellregion für die Erprobung eines 365-Euro-Tickets bewerben. Außerdem sollen alle Schüler*innen, unabhängig der Schulentfernung und des Schuljahres, zukünftig ein kostenloses ÖPNV-Ticket erhalten.
Wir fordern außerdem, dass der Kreis ein Dialogforum zur Gestaltung der Schüler*innenbeförderung einrichtet. In diesem besprechen Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern und Schulleitungen mit dem Kreis den Bedarf, den sie an die Schüler*innenbeförderung haben. Basierend auf diesen Ergebnissen erarbeitet der Kreis den Teil des Nahverkehrsplans, der der Schüler*innenbeförderung gewidmet ist und passt ggf. die Busfahrzeiten an die Wünsche der Schulgemeinden an.
Dieses Dialogforum soll immer dann tagen, wenn eine Novellierung des Nahverkehrsplans ansteht oder Mitglieder Gesprächsbedarf anmelden.
4. Mobilität für alle: Bus- und Bahnverkehr vollständig barrierefrei umgestalten
Nach dem Personenbeförderungsgesetz ist für die Nutzung des ÖPNV bis 2022 eine vollständige Barrierefreiheit zu erreichen. Weil wir von diesem Ziel noch weit entfernt sind, soll der Kreis Bergstraße in Ergänzung zum Förderprogramm des Landes zur barrierefreien Umgestaltung von Haltestellen zusätzliche Anreize für Kommunen zum zeitnahen Handeln setzen. Konkret kann der Kreis etwa die Installation von Fahrradständern an Haltestellen oder die Begrünung von Bushaltedächern im Zuge von barrierefreien Umgestaltungen fördern.
5. Klimafreundlicher ÖPNV
Der Kreis wirkt darauf hin, dass Bus- und Bahn im Kreisgebiet bis 2030 frei von fossilen Brennstoffen betrieben werden. Außerdem sollen Jobtickets gefördert und der Individualverkehr durch den Ausbau von Fahrrad(schnell)wegen, Fahrradverleihsystemen und Carsharing reduziert werden.
Bildung: Kein Kind zurücklassen
1. Schule als Lebensort
Der Kreis Bergstraße soll das Leitbild der “Schule als Lebensort” annehmen und in Zukunft alle neuen schulischen Bauten/Sanierungen unter diesem Aspekt prüfen. Dafür sollen Schulen angehalten werden, zeitgleich zur vom Kreis durchgeführten “Planungsphase 0”, pädagogische Konzepte zu entwickeln, die eine Nutzung des angedachten Raumkonzeptes in das Schulleben integrieren. Dabei soll der Kreis unterstützend wirken und gewährleisten, dass die Kollegien durch diese Ausarbeitung nicht überlastet werden, was vor allem an kleinen Schulen wichtig ist.
Schule als Lebensort bedeutet die Schule als Ort der Gemeinschaft zu verstehen, der flexibel von allen Mitgliedern der Schulgemeinschaft, also von Schüler*innen, Eltern und dem Kollegium, genutzt wird. Diese Nutzung umfasst einerseits den didaktisch Teil des Schullebens, aber auch alle Aspekte des außerunterrichtlichen Schullebens.
Konkret bedeutet das:
1. die Schaffung von Differenzierungsräumen für den Unterricht und die flexible Nutzung in außerunterrichtlichen Aktivitäten, die nicht fest als Klassen/- Unterrichtsräume verplant sind
2. die Schaffung frei, auch über die regulären Unterrichtszeiten hinaus, zugänglicher Räume, in denen Schüler*innen selbstständig Lernen und den eigenen Unterricht vorbereiten können. Das kann beispielsweise durch moderne Bibliotheken erreicht werden.
3. das Schulgelände nach dem Unterrichtsgeschehen für die Nutzung durch die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. So könnte beispielsweise ein schuleigener Fußballplatz nach dem Unterricht genutzt werden.
2. Digitale Schule
In der heutigen Zeit ist die Digitalisierung in allen Lebensbereichen angekommen. Auch die Schule muss hier ihrer Rolle gerecht werden. Für uns ist klar, jede*r Schüler*in muss Zugriff auf ein Endgerät haben, sei das im Unterrichtsgeschehen oder außerunterrichtlich. Dazu muss der Kreis die Schulen mit entsprechenden Sätzen an Endgeräten ausstatten. Das bedeutet wir lehnen das Konzept Bring your own Device ab.
Damit diese Endgeräte zielführend im Unterricht eingesetzt werden, ist es unabdingbar, dass Lehrer*innen im unterrichtlichen Einsatz mit ihnen fortgebildet werden. Deshalb fordern wir eine Fortbildungsoffensive des Landes, die es Lehrer*innen ermöglicht, ihre digitalen Kompetenzen auszubauen, ohne dabei überlastet zu werden.
Schnelles Internet sehen wir als Grundvoraussetzung für zeitgemäßes Lernen an. Der Glasfaseranschlusses aller Schulen sowie flächendeckendes WLAN in Schulgebäuden müssen daher schnellstens realisiert werden.
3. Multiprofessionelle Teams
Der Kreis strebt die Einführung von multiprofessionellen Teams an seinen Schulen an.
Das bedeutet, dass Lehrer*innen in ihrer Arbeit beispielsweise von Sozialpädagog*innen, Schulpsycholog*innen und administrativen Kräften in ihren Tätigkeiten unterstützt werden, um Kapazitäten für die eigentliche Lehrtätigkeit und Arbeit mit der Schülerschaft zu erhalten.
Diese müssen nicht in allen Fällen an den Schulen angesiedelt sein, sondern können auch zentral über den Kreis organisiert sein. Voraussetzung muss aber sein, dass sie in genügender Anzahl vorhanden sind, damit sie zeitnah unterstützen und von den
Lehrkräften unkompliziert hinzugezogen werden können. Ziel muss es sein, dass jedes Ticket in unter 15 Minuten beantwortet wird. Dafür soll genug eingestellt werden.
administrative Kräfte bedeutet IT-Support*, Hausmeister*Innen, welche ein Verantwortungsbewusstsein für die Schule haben und ggf. Volkswirte/ Eventmanager.
4. Verkehrslotsen
Der Kreis soll Schulen die Möglichkeiten geben Verkehrslotsen einzusetzen. Dafür soll ein Infoflyer und die benötigten Materialien zur Verfügung gestellt werden.
5. Ausbildungsbündnis Bergstraße
Nach Vorbild des Weinheimer Ausbildungsbündnis “Zweiburgen Talente” soll auch der Kreis Bergstraße ein Projekt initiieren, das junge Menschen eine Zukunft bieten soll, unseren Fachkräftebedarf sichert und den Ausbildungsstandort Bergstraße stärkt. Neben einer institutionalisierten Vernetzung und Kooperation zwischen Unternehmen, Verwaltung und Bildungsakteuren soll z.B. auch eine jährlich stattfindende Ausbildungsmesse im Kreis Bergstraße ins Leben gerufen werden. Der hohe Anspruch eines solchen Bündnisses soll sein, dass möglichst alle junge Menschen aus der Bergstraße, die das wollen und können, einen Ausbildungsplatz erhalten.
Umwelt-und klimafreundlicher Kreis
1. Energieautonomer Kreis bis 2030
Unser Ziel ist die sozial-ökologische Transformation der Gesellschaft. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, das im Pariser Klimaschutzabkommen festgesetzte 1,5-Grad-Ziel nicht zu verfehlen. Daher ist unser Ziel der energieautonome Kreis Bergstraße bis zum Jahr 2030. Neben der konsequenten Umsetzung aller Klimaschutzvorhaben des Kreises bedarf es hierfür auch einer Photovoltaikoffensive.
Alle kreiseigenen Liegenschaften sollen auf deren PV-Potenzial überprüft werden.
Der Kreis Bergstraße soll seinen Strom perspektivisch ausschließlich aus erneuerbaren Energien produzieren und von umweltschädlicher Energiegewinnung unabhängig sein.
2. Ausrufung des Klimanotstandes
Wir wollen durch die Ausrufung des Klimanotstandes im Kreis Bergstraße das Bewusstsein für eines der dringendsten Themen unserer Zeit schärfen und Klimaschutz zur Priorität bei allen Vorhaben des Kreises machen. Das 2019 durch die SPD-Kreistagsfraktion vorangetriebene Klimaschutzprogramm für den Kreis muss zudem konsequent umgesetzt und mit Leben gefüllt werden.
3. Nachhaltige Stadtplanung
Der Kreis Bergstraße soll durch Förderprogramme klima- und umweltfreundliche Vorhaben von Kommunen und Bürger*innen gezielt unterstützen. Konkret kann der Kreis Anreize bei Dach- und Hofbegrünungen, energetischen Sanierungen, der Installation von Erneuerbaren Energien oder beim E-Tankstellen-Ausbau setzen.
4. Beitritt zum Klima-Bündnis
Der Kreis Bergstraße soll Mitglied im Klima-Bündnis werden und stimmt den Zielen des Bündnisses zu. Als Teil dieses Städtenetzwerkes würde sich der Kreis dem Klimaschutz verpflichten und mit gleichgesinnten Kommunen zusammenarbeiten. Wir versprechen uns dadurch wertvolle Unterstützung sowie Anregungen für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen vor Ort.
5. Flächenverbrauch reduzieren und Flächen effizient nutzen
Wir wollen Landschaften und Böden weitgehend erhalten. Der Kreis Bergstraße soll daher die Kommunen zum Beispiel mithilfe der Schaffung einer kreisweit agierenden Wohnbaugesellschaft unterstützen, Baulücken zu finden und diese zu bebauen. Wir wollen Leerstände beseitigen, bevor neue Flächen zur Wohnbebauung freigegeben werden. Nach dem in einzelnen Kommunen bereits umgesetzten Modell “Vermiete doch an die Stadt” soll auch der Kreis leerstehenden Wohnraum anmieten und an Personen vermitteln, die sich eigenständig nicht am Wohnungsmarkt versorgen können.
Darüber hinaus soll der Kreis ein Anreizprogramm für seine Kommunen zur ökologischen Aufwertung bestehender Flächen initiieren. So kann der Kreis zum Beispiel über eine finanzielle Förderung Kommunen unterstützen, wenn sie sich dazu entscheiden nach dem Konzept der “Essbaren Stadt” bestehende Grünflächen zu Gemeinschaftsgärten umzugestalten.
Digitalisierung
1. Verwaltungsabläufe digitalisieren und papierlose Ratsarbeit
Der Kontakt zwischen Verwaltung und Bürger*innen ist auch im 21. Jahrhundert noch sehr durch Termine vor Ort, Bürokratie und Formulare geprägt. Diese Form des Bürger*innenkontaktes bleibt für Menschen mit eher schlechten digitalen Voraussetzungen natürlich auch weiterhin wichtig. Gerade für die jüngere Generation wirkt diese Herangehensweise jedoch häufig aus der Zeit gefallen. Daher möchten wir, soweit es rechtlich möglich ist, digitale Angebote schaffen, die eine höhere Flexibilität ermöglichen und damit vor Ort Prozesse entbürokratisieren. Wir brauchen eine wirksame Digitalisierungsoffensive. Das gilt auch für die Dienstleister in öffentlicher Hand.
2. Papierlose Ratsarbeit
Nicht nur in der Darstellung nach außen, sondern auch in der inneren Organisation sollte der Staat bei der Digitalisierung eine Vorreiterrolle einnehmen. Daher halten wir es für notwendig, in den nächsten Jahren Entwicklungen anzustoßen, die die Verwaltung und Parlamente des Kreises und der Kommunen weitgehend papierlos arbeiten lassen.
3. Auf das Schließen von Funklöchern hinwirken und taugliches WLAN an öffentlichen Plätzen schaffen
Funklöcher sind in der heutigen Zeit nicht nur ein erheblicher Standortnachteil, sondern können im Extremfall sogar Leben kosten, wenn es beispielsweise nicht möglich ist, die Rettungsdienste zu kontaktieren. Lücken müssen hier transparent ermittelt und in den nächsten fünf Jahren auf jeweils sinnvollen Weg wirksam geschlossen werden.
An öffentlichen Orten wie Bahnhöfen oder Marktplätzen möchten wir ein kostenloses WLAN-Angebot schaffen, das unbürokratisch nutzbar und und vor allem stark genug ist, um für eine Nutzung auch tatsächlich geeignet zu sein.
4. Sitzungen livestreamen, parlamentarische Abläufe digital und möglichst kreisweit einheitlich transparent gestalten
Die Digitalisierung bietet uns neue Möglichkeiten, politische Prozesse für (fast) alle Bürger*innen mehr und mehr transparenter zu gestalten. Als ein Ziel sollten wir es uns daher setzen, in den nächsten fünf Jahren die Voraussetzungen zu schaffen, dass Anträge, Beschlüsse und per Livestream auch Sitzungen des Kreistages sowie der Parlamente der Kommunen digital auf einer kreisweit einheitlichen Anwendung von den
5. Homeoffice für Kreismitarbeiter*innen ermöglichen
Die Corona-Pandemie zeigt es in vielen Bereichen: Homeoffice ist möglich und kann Vorteile bieten. Durch die wegfallenden Fahrten zum und vom Arbeitsplatz wird flexibleres Arbeiten möglich, Zeitersparnisse für den Arbeitnehmer und oft eine geringere Umweltbelastung sind weitere positive Folgen der Arbeit von zuhause. Als Arbeitgeber soll der Kreis seinen Angestellten auch über die Krise hinaus die Möglichkeit bieten, soweit das individuell umsetzbar ist, aus dem Homeoffice zu arbeiten.