SPD Viernheim: Mehr Kooperation in der Bildungspolitik wagen

Liebe Leserinnen und Leser,


ein leidiges und gerade deshalb immer noch hoch aktuelles Thema stellt die Tatsache dar,
dass nach wie vor im Bereich der Bildung ein sogenanntes Kooperationsverbot vorherrscht.
Das sogenannte Kooperationsverbot, welches dem Bund grundsätzlich verbietet, Einfluss auf
die Schulpolitik der Länder auszuüben, verhindert eine von Bund und Ländern koordinierte und
verbindliche Zusammenarbeit. So fließen regelmäßig vom Bund bereitgestellte Mittel je nach
Bundesland sehr unterschiedlich ab.
Vor allem in der Pandemie wurde die Anfälligkeit der föderalen Struktur sichtbar. So waren
Wechselunterricht, die Frage nach Schulschließungen und das digitale Lernen an sich höchst
unterschiedlich geregelt, obwohl man es bundesweit mit demselben Virus und den sich ablei
tenden Herausforderungen zu tun hatte. Unabhängig von Inzidenzen wurden völlig unter
schiedliche Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens veranlasst, was zwangs
läufig in unterschiedlichen Auswirkungen auf den Lernfortschritt der Schülerinnen und Schüler
mündete. Dies führte zu Chaos, Unklarheit und Verunsicherung bei Schülerinnen und Schülern
sowie ihren Eltern.
Die Ideologie, die hinter der Idee eines föderalen Bildungssystems steckt, hat sich gerade in
der Krise als fataler Irrglaube herausgestellt. Insbesondere die Argumentation, dass föderale
Strukturen in der Bildungspolitik zu einem Wettbewerb der besten Ideen führen, ist hinreichend
widerlegt. Die zum Teil großen Unterschiede bei der Qualität der Schulbildung haben nicht
dazu geführt, dass voneinander gelernt und somit das allgemeine Niveau angehoben wurde.
Zwar gab es immer wieder Versuche der Bundesländer, mehr Einheitlichkeit herzustellen, je
doch ist dies zumeist von politischen Konstellationen abhängig und längst nicht so weit verbrei
tet, wie es der Bildungslandschaft in Deutschland guttäte.
Wir wussten bereits vor der Corona-Krise, dass es Qualitätsunterschiede der Bildungssysteme
gibt. Wenn wir nun zulassen, dass bei entscheidenden Lernressourcen der Zukunft (Stichwort:
„Bildungsplattform, Online-Lehre und gut ausgestattete Klassenzimmer) jedes Bundesland
sein eigenes Süppchen kocht, entbehrt dies jeder Logik und sorgt mitunter für weitere Unge
rechtigkeiten im Bildungssystem. Hierbei lassen wir die Fragen der frühkindlichen Bildung, des
längerem gemeinsamen Lernens und echten Ganztagsschulen, welche die Startbedingungen
aller Schüler gerechter machen würden, noch außen vor.
In Zukunft brauchen wir ein Kooperationsgebot, um die Mittel, welche der Bund bereitstellen
möchte, effizient und zielgerichtet in ganz Deutschland zu nutzen, um so die Bildungsqualität
für alle Kinder zu erhöhen. Im Bezug auf die Agenda 2030 der Vereinten Nationen wird ein sol
ches Gebot dazu beitragen, dass Digitalisierung eine Chance für mehr Bildungsgerechtigkeit
darstellt. Es braucht in Zukunft eine Gesamtstrategie im Bund.


Michael Kosbau,
Vorsitzender des Ortsvereins SPD Viernheim