„Ein Leben mit dem Wolf“ ist schwierig aber vorstellbar

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Livestream mit dem SPD-Landratskandidaten Karsten Krug

Odenwald. Gerade vor kurzem machte wieder eine Wolfssichtung die Runde. Der rannte im Odenwald durch den Schnee und machte somit sicherlich ungewollt noch mal Werbung für die Diskussion des. SPD-Landratskandidaten Karsten Krug zu dem Thema „Brauchen wir den Wolf?“. Dazu hatte er sich verschiedene Fachleute ins Boot geholt.

Eingefleischte Wolfsgegner waren in der Gesprächsrunde nicht auszumachen. Allerdings äußerten die Teilnehmer einige, zum Teil grundsätzliche Bedenken hinsichtlich der Frage ob ein dauerhaftes Vorkommen von Wölfen gewünscht ist. Vor der Laptop-Kamera hatten sich eingefunden: Bernd Keller, Vertreter der Odenwälder Schäfervereinigung, und Gerd Reischert, seit Anfang des Jahres ehrenamtlicher sachkundiger Wolfsberater im Kreis Bergstraße.

Weitere Teilnehmer: Prof. Joachim Kilian, Vorsitzender des Jagdklubs St. Hubertus, vertritt kreisweit rund 700 Jäger. Bürgermeister Dr. Sascha Weber repräsentierte die Gemeinde Wald-Michelbach, auf deren Gemarkung 2017 der erste Odenwald-Wolf gesichert wurde. Mit Guido Carl, Vorstandsmitglied beim BUND Bergstraße, gab es zumindest einen ausgewiesenen „Wolfs-Befürworter“.

In seiner Tätigkeit als Umweltdezernent des Kreises Bergstraße, aber auch als Dezernent für die untere Jagdbehörde, „verfolge ich die Wolfsdiskussionen rege“, sagte Krug. Er will – nicht nur bei dieser Thematik – die engagierten und betroffenen Personen, Zielgruppen und ehrenamtlich engagierten Vertreter in die Diskussionen und Entscheidungsprozesse enger einbinden.

„Ich sehe eine Ansiedlung des Wolfs in unserer Region, auch im Teil des Odenwalds, eher kritisch“, bekannte der Landratskandidat. Denn: Die Besiedlung durch den Menschen hat in den vergangenen 150 Jahren auch in den ländlicheren Regionen zugenommen.

Eine Wiederansiedlung des Wolfs wäre zwar einerseits ein Erfolg aus Sicht des Artenschutzes. Andererseits müssten die Rahmenbedingungen im Wolfsmanagement des Landes „dringend zugunsten der Weidetierhalter verbessert werden“, betonte er. Sonst sei zu befürchten, dass einige ihre Arbeit aufgeben könnten und damit der wichtige Beitrag der Weidetierhalter zur Erhaltung unserer Kulturlandschaft verloren geht.

Gerade die Tierhalter übernehmen dem SPD-Mann zufolge in der Landschaftspflege eine wichtige Aufgabe. Nach einer Wahl zum Landrat will er diese noch ausbauen. Vorstellbar wären für ihn auch sogenannte „Positivflächen“. Bund und Länder weisen dann ausdrücklich „wolfsfreundliche Flächen“ aus. Weiterhin sollte der Abschuss  verhaltensauffälliger Wolfstiere ins Jagdrecht aufgenommen werden, forderte er.

„Der Wolf braucht eine Naturlandschaft und keine Kulturlandschaft, um artgerecht zu leben“, hob Bernd Keller hervor. Mit der Anzahl an Wölfen in Deutschland „ist die Schmerzgrenze für die Weidetierhaltung überschritten“, befürchtete er. Keller forderte eine Obergrenze. Er kann sich ein Leben mit dem Wildtier in der Region vorstellen, „wenn es ausreichend Unterstützung für Nutztierhalter gibt“.

Reischert sieht ein Zusammenleben mit dem Wolf im Kreis Bergstraße „mit gemischten Gefühlen“. Alle, Landwirte, Nutztierhalter, Jäger, Befürworter und die hessische Landesregierung, müssen sich seiner Meinung nach zusammensetzen und gemeinsam eine Lösung finden. Das Land ist bei der Überarbeitung des Wolfsmanagements gefordert, lautete der Tenor aus der Runde. Nachbarländer wie Baden-Württemberg sind hier laut Krug deutlich weiter.

Für Guido Carl braucht es einen flächendeckenden, möglichst einheitlichen und ausreichenden Herdenschutz. „Der Wolf wird auch zur Verbesserung der Lebenssituation für die Wälder beitragen“, postulierte er. Carl kann sich ein Zusammenleben vorstellen, „schon weil sich der Wolf über kurz oder lang im mittleren bis vorderen Odenwald ansiedeln wird“. Zum anderen sind Wolf und Mensch sehr lernfähig, betonte der BUND-Mann. Deshalb werden sie sich – auch im dichter besiedelten Raum – „den respektvollen Umgang miteinander wieder aneignen“, lautet seine Hoffnung.

Anders Joachim Kilian: Er sieht durch die urbane Prägung des Ballungsraums keine dauerhafte Wolfspopulation als möglich an. Kritik übte er an der Landesregierung. Diese geht „einen von Ideologien geprägten Weg“, der die berechtigten Forderungen von Landwirten und Weidetierhalten sowie die Kompetenz und Erfahrung der Jäger „weitgehend außen vor lässt“.

Für den Jagdklub-Vorsitzenden kann eine dauerhafte Ansiedlung nur funktionieren, wenn „die Interessen aller Beteiligten ausreichend und ausgewogen berücksichtigt werden“. Skeptisch äußerte sich auch Dr. Sascha Weber. Er machte diese Haltung am sehr eng und kleinteilig besiedelten Raum fest. Somit bedeutet der Wolf „erhebliche Konflikte mit der Landwirtschaft und dem Tourismus“.

Die Gesprächsteilnehmer hatten ihre Zweifel, ob sich der Wolf überhaupt in der Region niederlässt. „Ein Leben mit dem Wolf“ ist für viele durchaus vorstellbar, bedarf jedoch dann der Anpassung von aktuellen Rahmenbedingungen. Karsten Krug will einen runden Tisch für die Region Odenwald mit Vertretern zumindest aus dem Kreis Bergstraße und dem Odenwaldkreis sowie der Landesregierung initiieren, erläuterte er. Ziel ist ein erstes Treffen Anfang 2021.