„Sie haben einen Edelstein freigelegt“

Kummer-kümmert-sich-Tour: Landratskandidat informiert sich in Lorsch über den Geopark Bergstraße-Odenwald – Natur und Kultur auf 3500 Quadratkilometer

LORSCH. Vom Urpferdchen in der Grube Messel bis zur Schatzinsel auf dem Kühkopf. Das Mitmach-Angebot allein für junge Forscher ist riesig. Was auf Info-Flyern und im prallen Veranstaltungskalender des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald nachzulesen ist, füllt eine pralle Mappe. Die drückt Geschäftsführer Reinhard Diehl seinem Gast Gerald Kummer in die Hand, der auf seiner Kummer-kümmert-sich-Tour durch den Landkreis für zwei lehrreiche Stunden die Geopark-Geschäftsstelle in Lorsch besuchte.

Ein gewaltiger, 3,5 Tonnen schwerer Findling aus China ragt wenige Meter von der Zentrale des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald in Lorsch aus dem Boden. Zheng Xiang, Direktor des Geoparks Mt. Lushan, hat das Gedicht geschrieben, das die Frontseite des Partnerschaftssteins ziert. Der Koloss wurde als Symbol der freundschaftlichen Verbindung der beiden Geoparks im Jahr 2007 nach Lorsch transportiert, im Gegenzug 2009 die gewaltige Steinskulptur „Schiller“ des Bildhauers Martin Hintenlang in China aufgestellt. So zeugt der Fels mit den chinesischen Schriftzeichen von der Internationalität der Geoparks, von denen es 111 auf der Erde, vor allem in Europa und China, gibt.

Drei Millionen Besucher hat der rund 300 Quadratkilometer große Geopark am Mount Lushan im Norden der chinesischenProvinz Jiangxi mit seiner von den europäischen Kolonialherren geprägten Zauberlandschaft. Von solchen Touristenströmen im zehn Mal größeren Geopark Bergstraße-Odenwald träumt Geschäftsführer Reinhard Diehl. Immerhin 150000 Menschen besuchen im Jahr das Felsenmeer bei Reichenbach, 40000 das Unesco-Welterbe Kloster Lorsch. Zwar gibt es keine Zahlen über Urlauber in der Kulturlandschaft Bergstraße-Odenwald, aber in die Millionen gehen sie nicht. Dazu fehlt der Region Bergstraße-Odenwald noch die touristische Infrastruktur; dass weiter an den touristischen Angeboten gearbeitet werden müsse, war Thema beim Gespräch zwischen Reinhard Diehl, Landratskandidat Gerald Kummer und dem früheren Landrat Norbert Hofmann (beide SPD). Dem sei er dankbar, „dass er das Kind Geopark Bergstraße-Odenwald geboren hat“, lobte Kummer, der dem Projekt für den Fall seiner Wahl volle Unterstützung zusagte. Er wolle die Arbeit von Landrat Matthias Wilkes fortsetzen, der sich um die Weiterentwicklung des Geoparks verdient gemacht habe und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der elf hessischen Naturparke ist.

Der Stempel UNESCO fehlt dem Geopark zwar. Aber die Weltkultur-Organisation („das Schönste, was Mensch und Natur uns erhalten haben“) unterstützt den Naturpark mit dem Label "assisted by UNESCO". unterstützt (assisted) den Naturpark. „Wir hoffen, dass sich das ändert und wir zum Unesco-Geopark hochgestuft werden“, sagte Diehl. Das entscheide sich im Herbst in Paris. Tester aus China und Irland hätten den Park erst vor kurzem beste Noten ausgestellt. Kummer („Wir hatten ein Öko-Audit“) bestätigte aus seiner siebzehnjährigen Erfahrung als Bürgermeister von Riedstadt die Bedeutung solcher Prüfungen, weil sie zwingen, „permanent daran zu arbeiten“. Den Landratskandidaten interessierte die Zusammenarbeit über die Grenzen von neun Landkreisen in drei Bundesländern hinweg.

Gerald Kummer zeigte sich beeindruckt von der Präsentation des Geoparks und seinen vielen Facetten. Auf rund 30 Flyern werden die verschiedensten Programmpunkte beschrieben. Sie reichen von den Tropfsteinhöhlen in Buchen-Eberstadt im Osten des Naturparks quer durch den Odenwald bis zum Kühkopf am Rhein.

Koordinator Dirk Dewald betonte den Erfolg der inzwischen 34 Mountainbike-Trails im Geo-Naturpark. Sie würden von vor allem sportlich ambitionierten Radfahrern aus dem ganzen Bundesgebiet gut angenommen und von 50 Streckenpaten betreut. Die Website www.mtb.geo-naturpark.de habe 800000 Zugiffe bei einer durchschnittlichen Verweildauer von vier Minuten vor allem die Zielgruppe 45 Plus erreicht. Dewald: „Da ist Musik drin.“

Die Infrastruktur des Geo-Naturparks ist in Zusammenarbeit mit Forst und Odenwaldklub weiter ausgebaut worden. „Das Netzwerk der Informationseinrichtungen wächst“, sagte Reinhard Diehl. 150 ehrenamtliche Wegemarkierer pflegen und verknüpfen rund 6000 Kilometer Wanderwege. Es gebe für Anreisen mit dem Auto 300 Wanderparkplätze. Stolz ist der Geopark Bergstraße-Odenwald auf seinen Beitrag zur Umweltbildung durch Umweltpädagogische Stationen mit der Zielgruppe Kinder und Jugendliche. Für Entdeckertouren wurden spezielle Westen entwickelt, mit sich denen junge Leute von einem der insgesamt 45 Geopark-Rangern Expeditionen in die Natur unternehmen können. „Wir haben 30000 meist junge Leute im vergangenen Jahr erreicht“, sagte Dewald stolz. Insgesamt 400 Veranstaltungen im ersten Halbjahr listen die Organisatoren auf. 400 Geopunkte und 36 Geopfade öffnen Fenster in die geologische Vergangenheit, lenken den Blick auf Lebensräume der heimischen Natur und auf die Kulturgeschichte der Region.

„Sie haben einen Edelstein freigelegt und geschliffen. Ich favorisiere das analoge Erleben, wie es die Naturparks bieten“, sagte Kummer sichtlich beeindruckt vom umfangreichen Angebot des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald. Es sei die Aufgabe für einen Landrat, den Odenwald insgesamt in interkommunaler Zusammenarbeit als Reisedestination weiterzuentwickeln und zu bewerben, dem Ausbluten der ländlichen Räume entgegenzuwirken.

Der Geopark in Zahlen

Gesamtfläche: 3500 Quadratkilometer; neun Landkreise in drei Bundesländern (Hessen, Baden-Württemberg und Bayern); 100 Städte und Gemeinden; 400 Veranstaltungen im ersten Halbjahr, 400 Geopunkte, 150 Burgen und Schlösser; 150 ehrenamtliche Wegemarkierer, mehr als 200 ehrenamtliche Vor-Ort-Führer, 6000 Kilometer markierte Strecken; 36 Geoparkpfade mit speziellen Themen; 34 Mountainbike-Rundstrecken mit 50 ehrenamtlichen Streckenpaten; 45 Ranger, die Entdeckungstouren begleiten; neun Jugendzeltplätze