Die Genossen und der Rote Riesling

HEPPENHEIM. Der Rote Riesling hat es dem Genossen Gerald Kummer angetan.
Als er nach dem Gespräch mit dem Vorsitzenden der Bergsträßer
Winzergenossenschaft Reinhard Antes und Geschäftsführer Otto Guthier die vor
Kurzem eröffneten Verkaufsräume in der Darmstädter Straße in Heppenheim
verlässt, hat er eine Kiste des Rebensafts gekauft und in den Kofferraum
seines Autos verstaut. Gerald Kummer (SPD) schaut auf seiner
Kummer-kümmert-sich-Tour auch bei der Genossenschaft rein, um zu hören, wo
die Winzer an der Bergstraße der Schuh drückt und wo er helfen könnte, wenn
er am 22. März zum Nachfolger von Matthias Wilkes (CDU) gewählt wird.
Es seien “viele kleine Dinge”, sagt ihm Reinhard Antes und erinnert sich
daran, dass ein Landrat Dietrich Kassmann (er war von 1985 bis 1997 im Amt)
immer eine Kiste Bergsträßer Wein im Kofferraum seines Wagens hatte, um
jederzeit damit für die Region werben zu können. Das sei ja wohl
selbstverständlich, versicherte Kummer und gibt sich als Weinliebhaber zu erkennen.
Auch in Riedstadt, wo er 17 Jahre lang Bürgermeister war, sei früher mal
Wein gewachsen, worauf alte Gewann- und Straßennamen hindeuteten. Kummer
sagte auch zu, im Fall seiner Wahl die Gepflogenheit der “Botschafter
Weinlese” auf dem Steinkopf fortzusetzen.
Für Windräder im Weinberg, stimmt Otto Guthier ein, könne man sich im
Weinberg “aus optischen Gründen” nicht begeistern. Und der Flächenverbrauch
für Baugebiete in Rebgebieten bereite Sorge. Da könne ein Landrat ein Auge
drauf haben. Dass die Zahl der Genossen in der Genossenschaft von ehedem 600
auf heute rund 400 geschrumpft ist, beunruhigt die beiden
Spitzenfunktionäre. Von einer “großen Baustelle Steillagen” spricht der
Vorsitzende Antes und bemängelt die staatliche Unterstützung. Die sei vor
allem für Hobbywinzer, die “in den Steillagen rumturnen”, zum Sterben zu
viel und zum Leben zu wenig. Immer mehr gäben entmutigt auf. Doch damit
nicht genug. Nebenerwerbswinzer würden zudem mit immer mehr Auflagen und
EU-Bürokratie konfrontiert. Antes (“Es geht heute nicht mehr, mal Fünfe
gerade sein zu lassen”) spricht dabei darauf an, dass auch Hobbywinzer ihren
Kenntnisstand alle drei Jahre auffrischen und dies nachweisen müssten. “Das
macht jeden Hobbywinzer mürbe und kaputt”, kritisiert der Vorsitzende der
Genossenschaft.
Und dann noch die Kirschessigfliege, die im vergangenen Jahr in die
Weinberge einfiel, auch an der Bergstraße große Schäden angerichtet hat.
Der Schädling (Drosophila suzukii) kommt ursprünglich aus Japan, hat sich
jetzt in Europa ausgebreitet und befällt vornehmlich rote Früchte. “Man hat
die Fliege kommen sehen, aber verpennt, etwas zu dagegen zu unternehmen”,
kritisiert Antes, einziger Rebveredler in Hessen. Auch das ist freilich
nichts, wo ein Landrat helfen könnte. Kummer bedankte sich für die vielen
wertvollen Hinweise und Informationen, die sein Weinwissen erweiterten und
ihn in die Lage versetzten, “zwei offene Ohren” zu haben für die Belange
der Winzer.