Die geplante Draisine auf der Überwaldbahn bleibt politisches Dauerthema im Kreis Bergstraße: Die Stellungnahmen des Landrates in der letzten Ausschusssitzung und im Kreistag haben die berechtigten Fragen zur Planung und Finanzierung nicht beantwortet, so Katrin Hechler, Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion. Aus diesem Grund hat die SPD-Fraktion für die kommende Kreistagssitzung im Juni erneut eine detaillierte Anfrage zur Draisine gestellt.
Immer noch liegt keine fundierte Wirtschaftlichkeitsberechnung für das Projekt vor obwohl diese seit Jahren von der SPD gefordert wird. Die Milchmädchenrechnung, mit der der Landrat die Entscheidungsträger jetzt wieder abspeisen will, ist bereits Jahre alt und nicht einmal um die Lohn- und Preissteigerungen aktualisiert. Zudem wurden die veralteten Annahmen einer Fahrraddraisine für die tonnenschwere und hochkomplexe Solardraisine übernommen. Allein deren Betriebskonzept erfordert deutlich höhere Kostenberechnungen, kritisiert Sven Wingerter, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Dass gleichzeitig der Steuerzahler jedes Jahr fast eine Viertel Millionen Folgekosten für die Draisine stemmen soll, während der Betreiber mit einem satten Gewinn von 192 Tausend Euro jährlich rechnen können soll, ist eine unverantwortliche Subventionierung der Privatwirtschaft.
Bereits seit 2008 wird der Start der Draisine alle Jahre wieder angekündigt; inzwischen wird die Draisine auf Bussen beworben nur das Einzige, was funktioniert, sind die Ampeln an der Strecke: sie stehen regelmäßig auf Rot um eine Draisine vorbeizulassen, die noch gar nicht gebaut wurde, kritisiert Wingerter. Inzwischen musste der Starttermin schon wieder verschoben werden. Dass die europaweite Ausschreibung der Fahrzeuge vom Dezember wegen Fehlern ausgesetzt werden musste, hätte in einer erfahrenen Verwaltung nicht passieren dürfen, ist aber symptomatisch für die dilettantische Planung und Durchführung des gesamten Projektes durch den Landrat, so Hechler. Durch die notwendige Neuausschreibung kann der Auftrag für die Produktion der Fahrzeuge nun frühestens im November vergeben werden.
Die Zeit, die durch die bereits begangenen Fehler jetzt gewonnen wurde, sollte man nutzen, um genau zu prüfen, ob es nicht einen besseren Weg gibt, die Strecke zu nutzen, fordert Hechler. Aus Sicht der SPD wäre nach wie vor eine Stärkung des ÖPNV im Odenwald sowohl ein geeignetes Instrument, um den Tourismus grundsätzlich zu stärken, als auch für die Bewohner und die lokale Wirtschaft sinnvoller.
Für eine Stärkung des Tourismus reicht es jedenfalls nicht, eine Draisine ewig anzukündigen. Wenn man die Draisine wie der Landrat unbedingt will, darf man sich nicht ständig Fehlplanungen leisten, die zur immer weiteren Verschiebung führen, so Hechler. Dabei stünden alternative Elektrofahrzeuge für einen Draisinenbetrieb bereits jetzt zur Verfügung, wenn man unbedingt eine Draisine will, betont Hechler weiter. Wald-Michelbach hatte als Mitglied der kommunalen Arbeitsgemeinschaft die Nutzung der Pedelec-Draisine vorgeschlagen. Die Pedlec-Draisine ist nicht nur ein Produkt, das auf dem Markt bereits erhältlich ist sie kostet nur ein Fünftel und ist obendrein auch deutlich energieeffizienter, so Wingerter weiter. Die vom Landrat favorisierte sogenannte Solar-Draisine ist ohnehin ein Etikettenschwindel: Aufgrund der schattigen Strecke können durch die Photovoltaikanlagen auf dem Fahrzeugdach höchstens 20% des Energiebedarfs durch Solarstrom gedeckt werden. Die Pedelec-Draisine hat zwar keine Solarzellen auf dem Dach, braucht aber unter dem Strich weniger Strom aus der Steckdose, betont Hechler. Kombiniere man die verbrauchsarmen Pedelec-Draisinen mit üblichen Solaranlagen auf Dächern oder Freiflächen, kann damit insgesamt ein deutlich höherer solarer Deckungsgrad erreicht werden als mit der Mogelpackung Solardraisine. Obwohl die Gemeinden in der kommunalen Arbeitsgemeinschaft gleichberechtigte Partner sein sollen, hat der Kreis einen Vorführtermin nicht einmal wahrgenommen und lehnt es auch weiterhin ab, diese Alternative auch nur zu prüfen. Eine Begründung für die Ablehnung blieb der Landrat bisher schuldig, obwohl mit der Alternative der Betrieb nicht immer weiter auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden müsste so Wingerter. Zwar hält die SPD-Fraktion nach wie vor eine Nutzung der Überwaldbahn mit jeglicher Draisine, ob Fahrrad-, Pedelec- oder Möchtegern-Solardraisine, für den grundsätzlich falschen Weg – doch nachdem bereits so viel Steuergeld für dieses Projekt und die notdürftige Sanierung der Trasse verbrannt wurde, ist den Bürgerinnern und Bürgern nicht zu erklären, warum auf die Möglichkeit, eine Millionen Euro einzusparen und den Betrieb zeitnah starten zu können, verzichtet wird, kritisiert die Fraktionsvorsitzende abschließend.