SPD-Kreistagsfraktion: Jobcenter müssen sich ändern

Die SPD wird bei allen Gesprächen zu einer Mehrheitsbildung im Kreistag Bergstraße darauf dringen, dass der Eigenbetrieb „Neue Wege“, der die sogenannten Jobcenter im Kreis verwaltet, sich intensiver und engagierter um arbeitslose Menschen im Kreis Bergstraße kümmert. Das hat die SPD-Kreistagsfraktion mitgeteilt. Der Eigenbetrieb „Neue Wege“ habe auch heute noch – nach Konsolidierung seines katastrophalen Beginns mit Verwaltungs- und Vermittlungschaos – sehr erhebliche, nicht hinnehmbare Defizite bei der Beratung, Qualifizierung und Vermittlung arbeitsuchender Menschen, bilanziert die SPD-Kreistagsfraktion. Sie strebt deshalb zehn zentrale Änderungen bei „Neue Wege“ an.

Die zentrale Defizite sind nach Ansicht der SPD, dass immer noch haben viele Betroffene nicht zu Unrecht das Gefühl unzureichender Hilfe und inakzeptabler Behandlung durch das Jobcenter hätten. Immer wieder gäbe es Arbeitssuchende, die sich nicht ohne Begleitung von Hilfspersonen zu „Neue Wege“ trauen, weil sie dort unangemessen behandelt wurden. Wenn der Betriebsleiter von Neue Wege Rainer Burelbach im Rahmen des Heppenheimer Bürgermeisterwahlkampfes von „Bürgernähe“ spreche, sei das blanker Hohn angesichts des Umgangs mit Hilfesuchenden.

Beratung, Qualifizierung und Vermittlung seien zudem immer noch zu wenig auf die Betroffen bezogen. Beim Jobcenter gelte das Prinzip des Durchlauferhitzers, Hauptsache es werde vermittelt, egal für welchen Arbeitsplatz und zu welchen Bedingungen. Die Vermittlung von Neue Wege erweise sich damit dann oftmals als Sackgasse in eine dauerhafte staatliche Unterstützungsleistung. So würde die Vermittlung vielfach an Zeitarbeitsfirmen zu unwürdigen Stundenlöhnen (z.B. 6 Euro brutto)erfolgen. Ein Drittel der von „Neue Wege“ vermittelten Hilfeempfänger benötige deshalb weiterhin finanzielle Hilfen vom Staat; das heißt Arbeitssuchende werden in Arbeit vermittelt, die zum Lebensunterhalt nicht ausreicht.

Weitere Kritikpunkte der SPD an „Neue Wege“ sind, dass die Qualifizierungsprogramme unzureichend und nicht zielorientiert sind und vorhandene Mittel von Bund, Land und vor allem der Arbeitsagentur nicht ausgeschöpft und damit Beschäftigungschancen für Betroffene vertan werden. Zudem seien zu wenige Kooperationspartner bei der Wirtschaft, Verbänden, aber auch Betroffenen erschlossen worden.

Die SPD werde deshalb dafür eintreten, dass sich „Neue Wege“ endlich zu einem aktiven Jobcenter-Modell entwickelt, wie es zum Beispiel der Kreis Main-Kinzig zu bieten hat.

Dazu gehöre vor allem, dass die Zusammenarbeit mit Firmen, Arbeitsamt, Wirtschafts- und Industrieverbänden, Gewerkschaften, aber auch Betroffenenorganisationen deutlich intensiviert werden muss, um vorhandenen Arbeitsplatzpotential erschließen zu können und damit Arbeitssuchenden ein geeignetes Angebot machen zu können.

Zudem müsse sich „Neue Wege“ intensiver um die Betroffenen kümmern. Dies soll erreicht werden durch die Trennung des sogenannten Fallmanagements und der Sachbearbeitung/Leistungsbezugs. Dadurch erhalte jede betroffene Person bessere, nämlich personenbezogene Beratung, Hilfen und Vermittlung.

Weiterhin tritt die SPD dafür ein, eine Beschwerdestelle für Betroffene einzurichten.

Das Klima und die Orientierung bei „Neue Wege“ müssten sich grundlegend ändern. So müsse die überbordende Vermittlung an Zeitarbeitsfirmen und zu inakzeptablen Löhnen beendet werden. Deshalb seinen Qualitätsstandards festzulegen, die eine weitere Zusammenarbeit mit Zeitarbeitsfirmen im Einzelfall regeln. Im Regelfall dürfe nur noch eine Vermittlung in Arbeitsplätze stattfinden, die nicht unter dem Mindestlohn von 8.50 Euro liege. Ziel muss es werden, dass bis 2013 nur noch 10 Prozent der vermittelten Hilfsempfänger auf aufstockende Hilfen angewiesen sind (Reduzierung also um Zweidritteln zum derzeitigen Stand).

Als weitere Maßnahmen zur Umorientierung von „Neue Wege“ fordert die SPD, bei der Vergabe von Aufträgen an Maßnahmeträger in Zukunft die Einhaltung der Tariftreue zu verlangen und zu kontrollieren.

Die Verzahnung der Wirtschaftsförderung mit der Beschäftigungsförderung solle ausgebaut und intensiviert werden. Mit Kooperationspartner sollten künftig Betroffene zielgenau weitergebildet werden, so dass eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt möglich wird.

Schließlich seien die Mittel von Bund, Ländern und der Bundesagentur für Arbeit künftig im vollen Umfang auszuschöpfen.

Für die SPD-Kreistagsfraktion sei eine solche Umstrukturierung von „Neue Wege“ im Interesse von arbeitssuchenden Menschen, aber auch den öffentlichen Kassen ein zentraler Bereich für Änderungen in der Kreispolitik.